Paradiso

Das Paradiso ist der mit Abstand beste Italiener Mindens. Billig ist das nicht, billig kann das gar nicht sein, angesichts der Qualität der Zutaten, die hier verarbeitet werden. Deshalb sollte man dieses wunderschöne, in einer ehemaligen Kaiservilla beheimatete Restaurant wirklich nur dann aufsuchen, wenn man sich’s leisten kann und will.
Und in die Speisekarte wird auch nicht geguckt, am besten sagt man dem (portugiesischen!) Patron Manuel, dass man Hunger hat und bittet ihn um seine Vorschläge. Ganz sicher wird Manuel zuerst ein paar Antipasti auffahren lassen, mein Favorit ist der Meeresfrüchtesalat, der mit der Sarimi-Pampe, die bei anderen Italienern serviert wird, nicht das geringste zu tun hat. Muscheln, Pulpo, Calamari, zart, aber nicht ohne Biss, bestes Olivenöl, ordentlich Zitrone… Manna! Reines Manna! Lachscarpaccio, Bresaola etc. sind auch nicht zu verachten, da wird’s schon schwierig, Platz zu lassen angesichts der kommenden Attraktionen. Spaghetti Vongole oder selbstgemachte, verschwenderisch getrüffelte Ravioli gab’s bei meinem letzten Besuch, um Himmelswillen, wer soll sich denn da entscheiden? Scampi grillen können sie auch, aber mein persönlicher Hit ist der gebratene Lammrücken, zwomal drei Rippen pro Nase, mit Knoblauch und den üblichen Kräuterverdächtigen auf den Punkt gebraten, dazu nur ein paar Rosmarinkartöffelchen, um nicht vom wesentlichen abzulenken… Hach. Das Leben ist schön. Besonders im Paradiso.

Paradiso
Marienstr. 32
32427 Minden
0571 29253

www.paradiso-minden.de


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Potthoff Grill-Imbiss

Mag sein, dass die hier am Stiel in der Fritte zubereitete Currywurst den kulinarischen Gipfelpunkt der Mindener Imbisslandschaft markiert, die Frikadellen, die sie hier raushauen, befinden sich am absoluten Tiefpunkt. Großhandels-Bremsklötze dürfen den Currywürsten in der Fritte kurz Gesellschaft leisten, dann werden sie auf den Pappdeckel gehauen, außen zum Mundverbrennen heiß, innen noch eiskalt. Einmal reingebissen, nicht runtergeschluckt. Zum Glück gibt es genügend Papierkörbe in der Nähe.

Potthoff Grill-Imbiss
Scharn 12
32423 Minden

0571 23992

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Enchilada

Von diesem Texmex-Kram hab ich eigentlich keine Ahnung, aber hin und wieder ess ich das Zeugs trotzdem gern. Eine gescheite Guacamole kann unheimlich lecker sein, und diese unterschiedlichen Teigtaschen mit ihren unterschiedlichen Füllungen (War das jetzt ein Burrito, eine Enchilada, eine Dingsbumsita oder was?) sorgen für Abwechslung, also, ab zum Texmex.
Das Enchilada treibt die Verwirrung jedoch auf die Spitze: der Laden ist so duster (nein, nix schummrig, nicht “differenziert ausgeleuchtet”, ganz einfach duster), dass ich beim Lesen der Speisekarte die Hilfe der geduldigsten Gemahling von allen in Anspruch nehmen musste und die Chicken Wing auf meinem Teller beinahe für die Deko gehalten hätte. Nichtsdesto weniger war das Essen ganz aufgezeichnet. Ich hatte mir eine Plato Mexicano bestellt, das waren drei gefüllte Dingsdas mit nem Salat, diversen Dips, einem halben Maiskolben und besagtem Chicken Wing, das war mehr als okay, das hab ich mit größtem Appetit verputzt, das hat richtig Spaß gemacht. Auch gegen den Wein kann man nix sagen, der rote Hauswein war akzeptabel, der Valdepenas gut trinkbar, da freut man sich und würde noch ein Glas bestellen, wenn die Betreiber dieses ansonsten wirklich empfehlenswerten Lokals nicht im Verlauf des Abends die Musik nicht immer lauter drehen würden.
Kann sein, das ich zu alt werde. Der Laden war gesteckt voll und bei den jungen Mindenern kommt das Konzept offenbar prima an, aber ich möchte nicht im Dunkeln rumschreien. Auch wenn der Wein und das Essen wirklich sehr empfehlenswert sind.

Enchilada
Markt 14
32423 Minden
0571 828810

www.enchilada.de/

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Bar jeder Vernunft

Die Bar jeder Vernunft ist einer der fürchterlichsten Veranstaltungsorte Berlins. Und gleichzeitig einer der besten. Wenn es nur nach dem Programm ginge, dann würde ich dort jede Premiere angucken. Was haben wir dort nicht schon für tolle Sachen gesehen, die ollen Schachteln in der Bar (mittlerweile allesamt vom Rasen bedeckt, ach), Pigor, Eichhorn und den Ulf, Cabaret… ich hör lieber mit dem Aufzählen auf, sonst nimmt‘s kein Ende. Schön auch, dass man dort immer auf der Suche nach neuen Acts ist, sodass sich wie andernorts nicht nur die Stammgäste die Bühnentürklinke in die Hand geben.
Wie gesagt, was das Programm angeht, absolut brillante Location. Aber der Rest… Die Stühle! Das sind keine Sitzgelegenheiten, das sind Folterinstrumente. Und „eng bestuhlt“ ist im Falle der Bar die Untertreibung des Jahrzehnts. Wenn man denkt „Jetzt ist der Laden aber endgültig voll“, dann holen die Platzanweiser die Schuhlöffel raus und packen noch fünfzig Leute rein. Die Vorstellung erlebt man dann mit angelegten Armen und zusammengedrückten Beinen. Einatmen geht aus Platzmangel gar nicht mehr. Immerhin weiß man hinterher, wie Sardinen sich nach der Eindosung fühlen müssen.
Einen Saal so vollquetschen und dabei höflich bleiben geht nicht immer. Zu diesem Zweck haben sich einige der Platzanweiser einen Tonfall angelegt, auf den ich gerne verzichte. Sowas in Richtung ironische Ruppigkeit ohne Ironie. Trägt manchmal zur Erheiterung, aber eher selten zur Hebung der Laune bei. Nuja…
Schließlich die Gastronomie. Ich weiß, man sollte sich freuen, dass man während der Vorstellung überhaupt etwas zu sich nehmen kann, aber besonders die Getränkepreise des Hauses bewegen sich an der Grenze zwischen „äußerst gehoben“ und „Straßenraub“. Und dass es kein Weizenbier gibt ist schlichtweg ein Skandal.
Ich würd ja aus lauter Protest wegbleiben. Dann würd ich aber das tolle Programm verpassen. Mist.
5 Punkte fürs Programm, 2 fürs Drumherum, zusammen eigentlich 3, aber weil‘s so ein wunderschönes Spiegelzelt ist machen wir mal 4 draus. Ich bin ja nicht so.

Bar jeder Vernunft
Schaperstr. 24
10719 Berlin
030 8831582

www.bar-jeder-vernunft.de

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Admiralspalast

Jestern Admiralspalast jewesen, My Fair Lady jekiekt.
Un? Wie war et?
Wenn man in den Hof vonnet Theater rinjeht, denkt man: Ist ja ’n dollet Ding. Verdammt jeschickt ausjeleuchtet, det janze, sieht wie ’n richtijet weltstädtisches Theater aus, kann ma nich meckern, jenehmijen wir uns jleich ma ’n Jläschen Wein… Wat? 4,50 für 0,1 Riesling und ooch noch knickrig injeschenkt? Naja, woll’n wa uns die Laune ma nich verderben lassen, Prösterchen…
Un jetzt nischt wie rin int Vajnüjen… Oha! Annen paar Ecken ham wa immer noch nich fertig jemalert, jab ja Probleme bei der Wiederuffmachung 2006, dachte, die wären mittlerweile behoben… Nuja, wir kommen zu Stuhle, die Sitze sind jottseidank bequemer als sie aussehen. Riesenladen, wirklich. Bin jeplättet, jut, jetz kann’s losjehen mit der Fair Lady!
Wat? Wir ham det Orschester zur Combo jeschrumpelt? Nuja, da staun ick aba, besonders, wenn man Preise bis 80, 90 Euro uffruft… Der Pianierer ist aba ziemlich jut, der hat ’n Anschlag, als würd ein Engelchen die Tonleiter ruffkrabbeln, det versöhnt. Klingt jar nich schlecht, die Combo… bisschen dünne für den Riesenraum, aba irjendwie orijinös, okay, ick will nich meckern, ick will mir amüsieren.
Was in den foljenden drei Stunden bestens jelingt, prima Ensemble, dass die Ohrwurmkanonade, die My Fair Lady nun ma is mit höchster Disziplin und Spielfreude abfeuert, der erste Teil hat ’n Supa-Tempo, der zweete zieht sich ’n wenig, hätt ma ’n paar Striche machen können, die Jeschichte von det Ding kennt ja doch jeder, ach wat, Schwamm drüber, macht Spaß. Det Stück passt zum Admiralspalast: Großer Klassiker mit kleenen Macken.
War allet im allen ziemlich wundascheen.

Admiralspalast
Friedrichstr. 101

10177 Berlin
030 3253130

www.admiralspalast.de

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Lamian

Angenehmer Laden. Hatte nicht den großen Hunger, hab mich deshalb an die hochgelobten kalten Vorspeisen gehalten, also:
1. Weißkohl süß und scharf. War genau wie beschrieben. Ein Häufchen leicht süßlicher Kohl mit eher milder “Spätzünder”-Schärfe. Vielleicht etwas zu kalt serviert, daher wenig aromatisch. Hätte auch Rettich sein können. Nett.
2. Schweinefleisch in Knoblauch. Klasse. Auf einem Häuflein Gemüse angerichtete Schweinefleischscheibchen in dunkler Knoblauchsauce, leicht scharf und mit einem vage weihnachtlichen Gewürz zart imprägniert. Großzügig portioniert. Super.
3. Spinat in Reisessig (von vatis Teller gemopst, war Qype City Nacht). Die Sensation. Ganz wenig Säure vom Essig, ordentlich Knoblauch und ein Spinataroma zum Niederknien.
Wenn ich wiederkomme, bestelle ich zwei Portionen Spinat. Und sowas Nudliges, was die anderen hatten. Oder diese Dumplings, sahen auch gut aus.
Abzüge in der B-Note: Kein Bier vom Fass, Wein in 0,1 Portionen (immerhin großzügig eingeschenkt), aber 0,1 ist zu wenig. Da ist der Wein alle, bevor man ihn ausgetrunken hat.
Ansonsten war’s wieder ’ne schöne Qype City Nacht, von der ich wieder zu früh aufbrechen musste. Hat wieder Spaß gemacht mit den Kollegen, freue mich aufs nächste Mal.

Lamian
Simon-Dach-Straße 2
10245 Berlin
0176 22730491

www.lamian.de/

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Il Camino

„Oh mein Gott! Sie haben Fritto misto!“ Fritto misto! Wie lange ist das her, dass ich mein letztes Fritto misto gegessen habe? 10 Jahre? Mindestens. Vermutlich eher deutlich mehr, leider…
Fritto misto… das war das Gericht, mit dem ich seinerzeit begann, meinen kulinarischen Ruf aufzubauen. Damals saß man mit den Kumpels beim Um-die-Ecke-Italiener, um sich eine Grundlage für den Kreuzberger Trampelpfad zu verschaffen. Die Kumpels hatten alle schon ihre Pizza Salami mit extra Peperoni geordert, und dann kam ich: „Einmal Fritto misto, bitte. Und dazu hätte ich gern einen Frascati!“ Und dann noch – schelmisch drohend – ein „Aber schön trocken!“ hinzugesetzt. Mit offenem Munde starrten mich die Kumpels an, die mühsam helles Bier von dunklem unterscheiden konnten. Öha, der Chris scheint ja ein echter Lebemann zu sein. Kennt sich aus in der italienischen Küche, auahauaha!
Mittlerweile ist das Fritto misto – aus welchen Gründen auch immer – von den Speisekarten vieler Italiener verschwunden, aber hier, hier im Il Camino, hier pflegen Sie dieses archaische Gericht noch, und das für rekordverdächtige 7 Euro und ein paar Zerquetschte. Die geduldigste Gemahlin von allen ordert eine Pizza für weltrekordverdächtige 3,50 Euro (ja, man isst äußerst preiswert im „Il Camino“), jetzt noch ein lecker Weinchen… Wie bitte? Anonymen Chianti für 4,50 Euro das Glas, Pinot Grigio zum gleichen Preis? Humpf. „Ein Pils, ein Mineralwasser, bitte!“
Zeit sich zurückzulehnen, Zeit die Einrichtung des Il Camino zu würdigen. Wuchtige, dunkel gebeizte und vormals schrill gepolsterte Möbel aus dem gastronomischen Pleistozän, an den Wänden ein Seekrankheit hervorrufendes Mosaik aus Steinen und Muscheln, und an einer Wand hängt eine Art Kreuzung aus Schwertfisch und Pfau. Deko-Irrsinn oder bizarre Laune der Natur? Wer kann das ahnen?
Da kommt auch schon der Salat zum Fritto misto, und vom Salatteller grüßt noch ein alter Bekannter aus den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts: das Dressing! Also Salatsauce auf Basis von Mayo, Tomatenmark und Gurkenwasser, hab ich selber damals literweise als Aushilfskoch angerührt… hach, ja. Bevor irgendwer die Nase rümpft: Mit ‘ner gescheiten Mayo kann das wirklich ganz lecker sein. Im Il Camino ist es das, und bevor das Fritto misto auf dem Tisch stand, war das Salätchen auch schon weg.
Nun aber das Hauptgericht: ein Berg frittierter Calamari, drei homöpathisch zugeteilte Garnelen und eine beinahe heringsgroße Riesensardine. Ordentlich Zitrone und… Cocktailsauce! Nimmt denn die Zeitreise gar kein Ende? Kurz gekostet: Schade! Ohne Cognac gemacht wie hier (Wackerer Wirt, schützt die jungen Gäste, die aus Versehen Fritto misto ordern!), schmeckt sie etwas (Vorsicht! Wortwitz!) nüchtern. Aber das gebackene Meeresfrüchtezeugs ist saftig, die Sardine sogar köstlich und die ebenfalls stramm auf Retro gebügelte Pizza (Nix neumodisches Steinofengedöns) ist wirklich sehr lecker. Da gibt es nix zu meckern.
Wie generell am Il Camino nicht. Das ist ein prima Um-die-Ecke-Italiener, wo man sich wie früher eine solide Grundlage für einen ausgedehnten Abend verschaffen kann. Die Bedienung ist sehr freundlich, da würde man – sofern man kein Innenarchitekt ist – sogar noch ein wenig sitzen bleiben. Wenn diese idiotischen Weinpreise nicht wären.

Il Camino
Bundesallee 130
12161 Berlin

030 8521018

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Landesvertretung Rheinland-Pfalz

Rheinland-Pfalz ist ein unglaublich originelles Bundesland. Nächtelang könnte man darüber nachgrübeln, warum jeder Ministerpräsident dieses Landes – egal welcher Partei er angehört – es sich zum Ziel setzt, die SPD kräftig runterzurocken, aber derartige Überlegungen – ich spreche aus Erfahrungen – führen letztlich zu nichts. Viel fruchtbarer ist es, sich mit den kulturellen und kulinarischen Errungenschaften dieses Bundeslandes und seiner Berliner Landesvertretung auseinanderzusetzen.
Gar nicht genug zu loben ist, dass die rheinlandpfälzische Landesvertretung sich regelmäßig an der Langen Nacht der Museen beteiligt, meistens mit recht sehenswerten Ausstellungen. Zu dieser langen Nacht der Museen hat man wohl nichts rechtes gefunden, oder der Kulturetat war schon für eine “Sittengeschichte des sozialdemokratisch geprägten politischen Selbstmords” draufgegangen, was weiß denn ich. Auf alle Fälle hat die Landesvertretung sich trotzdem beteiligt und einfach die Dachterrasse aufgemacht, so dass die Besucher sich einfach an der schönen Aussicht erfreuen konnten.
Und natürlich an dem unglaublich leckeren Riesling, den es nur in der Landesvertretung gibt, ein verboten süffiger Tropfen, wegen dem allein schon der Weg in die Ministergärten lohnt. Auch wenn keine Lange Nacht ist, denn diesen Riesling kann man auch für schlappe 5 Euro beim Pförtner kaufen. Bei der langen Nacht gab’s dazu leckere Mini-Croissants, gefüllt mit Tomaten bzw. Kräutern bzw. Käse, zwei Stück für 1 Euro. Wenn man sich jetzt noch mal überlegen würde, ob man einem verdienten Dichter rheinlandpfälzischer Provenienz wirklich Ehre erweist, in dem man ein karges, schmuckloses Durchgangszimmer vor der Dachterrasse nach ihm “Carl Zuckmayer Zimmer” nennt, dann wäre Rheinland-Pfalz nicht nur kulinarisch sondern auch kulturell absolute Spitze.

Rheinland-Pfalz ist ein unglaublich originelles Bundesland. Nächtelang könnte man darüber nachgrübeln, warum jeder Ministerpräsident dieses Landes – egal welcher Partei er angehört – es sich zum Ziel setzt, die SPD kräftig runterzurocken, aber derartige Überlegungen – ich spreche aus Erfahrungen – führen letztlich zu nichts. Viel fruchtbarer ist es, sich mit den kulturellen und kulinarischen Errungenschaften dieses Bundeslandes und seiner Berliner Landesvertretung auseinanderzusetzen.
Gar nicht genug zu loben ist, dass die rheinlandpfälzische Landesvertretung sich regelmäßig an der Langen Nacht der Museen beteiligt, meistens mit recht sehenswerten Ausstellungen. Zu dieser langen Nacht der Museen hat man wohl nichts rechtes gefunden, oder der Kulturetat war schon für eine “Sittengeschichte des sozialdemokratisch geprägten politischen Selbstmords” draufgegangen, was weiß denn ich. Auf alle Fälle hat die Landesvertretung sich trotzdem beteiligt und einfach die Dachterrasse aufgemacht, so dass die Besucher sich einfach an der schönen Aussicht erfreuen konnten.
Und natürlich an dem unglaublich leckeren Riesling, den es nur in der Landesvertretung gibt, ein verboten süffiger Tropfen, wegen dem allein schon der Weg in die Ministergärten lohnt. Auch wenn keine Lange Nacht ist, denn diesen Riesling kann man auch für schlappe 5 Euro beim Pförtner kaufen. Bei der langen Nacht gab’s dazu leckere Mini-Croissants, gefüllt mit Tomaten bzw. Kräutern bzw. Käse, zwei Stück für 1 Euro. Wenn man sich jetzt noch mal überlegen würde, ob man einem verdienten Dichter rheinlandpfälzischer Provenienz wirklich Ehre erweist, in dem man ein karges, schmuckloses Durchgangszimmer vor der Dachterrasse nach ihm “Carl Zuckmayer Zimmer” nennt, dann wäre Rheinland-Pfalz nicht nur kulinarisch sondern auch kulturell absolute Spitze.

Landesvertretung Rheinland-Pfalz
In den Ministergärten 6

10117 Berlin
030 7262910

www.landesvertretung.rlp.de

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Grill-Boot

Also, auf Ideen kommen manche Leute… ich frage mich wirklich, was das soll. Ein Plastikboot, das wie ein überdimensionierter Doughnut aussieht, mit einem Holzkohlengrill ausstatten und an amüsierlustige Berliner vermieten, die damit über die Spree schippern sollen, während sie ihre Würstchen grillen. Ist doch Quatsch. Passt doch gar nicht zusammen. Viel zu umständlich. Idiotisch. Wird sich nie durchsetzen.
Macht aber einen Heidenspaß und wird hiermit zu DEM Trendvergnügen des auslaufenden Sommers erklärt.
Gestern haben wir zum ersten Mal eins dieser Grill-Boote ausprobiert. Man kann über den Müggelsee oder die Spree kurven, uns zog’s zur Spree, wo die Boote am Boot-Restaurant Klipper liegen. Um kurz vor sieben waren wir da, bepackt mit Getränken, Grillgut, Fotoapparaten und bester Laune enterten wir unser Grillboot. Man nimmt im Kreis um den bereits auf optimale Betriebstemperatur gebrachten Holzkohlen-Kugel-Grill Platz und verstaut Getränke, Taschen und alles, was während der Fahrt benötigt wird, in die zahlreichen Fächer unter den Sitzen, während der unerschrockene Freizeitkapitän (in diesem Fall ich) in die Geheimnisse der Nautik eingeweiht wird. Vorwärtsgang, Rückwärtsgang, links, rechts… pardon, heißt ja backbord und steuerbord, mehr ist nicht. Sofort tat Seefahrt Not, wir legten ab bzw. wurden vom Steg weg geschubst und begannen, die Insel der Jugend zu umrunden.
Während ich mit dem kleinen Elektro-Außenborder die Spree umrührte, legten die lieben Freunde, die uns zu diesem exorbitanten Vergnügen eingeladen hatten, leckere Sachen auf den Grill, und schon bald konnte man Geräusche wie “Plopp!” und “Fump!” hören, Geräusche, die Flaschen eben machen, wenn sie von Kennern geöffnet werden.
Abseits der Fahrrinne ließen wir uns dann im Leerlauf treiben, verzehrten die leckeren Grilladen, öffneten noch das eine oder andere Fläschchen, während es dämmerte. In aufgeräumtester Stimmung vor uns hin erzählend fuhren wir noch ein Stückchen und schnell, allzu schnell waren schon zwei Stunden um, und ich musste so tun als würde ich mit sicherer Hand den Heimathafen ansteuern. Erstaunlicherweise ging das ziemlich unproblematisch, wir legten an und gingen mitsamt unserer Habseligkeiten von Bord. Grillkohlenentsorgung, Abfallbeseitung, Saubermachen… darum muss man sich nicht kümmern, das ist in der Grillbootmiete enthalten.
Dankbar nahmen wir im Klipper noch ein Gläschen, schauten auf Berlins Lichter, die uns über die dunkle Spree zublinzelten und sagten allesamt, dass wir diesen Sommer nicht zum letzten Mal mit dem Grillboot gefahren sind.
Totaler Quatsch dieses Grillboot, wie gesagt. Aber der herrlichste Quatsch, mit dem man sich in Berlin an einem Sommerabend die Zeit vertreiben kann.

Grill-Boot
Bulgarische Str. 62
112435 Berlin
030 4251505

www.grill-boot.de

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Curry 36

Das Problem mit der Currywurst ist, ist, dass Sie eher ein industriell gefertigtes Nahrungsmittel denn eine lokale Spezialität ist. Um eine Currywurst zuzubereiten, brät man eine Brühwurst aus der Fabrik (mit Darm oder ohne Darm, ist ein Glaubenskrieg, mir isses – Obacht, Wortwitz! – wurscht! Hahahaha!), schneidet die klein, kippt Ketchup und Curry drüber, fertig. Man sieht, die Eingreifmöglichkeiten des Imbisskochs sind bei der Currywurst-Zubereitung durchaus begrenzt und – vermutlich – auch nicht gefragt. Sonst gäbe es doch schon einen Imbiss, in dem eine vom Bio-Metzger handwerklich hergestellte Wurst gebraten, mit selbstgemachtem Tomatenketchup (kann wirklich ganz lecker sein) übergossen und mit einer speziellen Curry-Mischung (gerade da täten sich ja Welten auf) gewürzt wird. Spielen derartige Imbisse in den Diskussionen der Currywurst-Fans eine Rolle? Nein, die „handwerklich hergestellte“ Currywurst taucht höchstens mal als Gag in einem Menü der gehobenen Gastronomie auf, ansonsten heißen die Planeten des Berliner Currywurst-Universums Konnopke, Krasselt und Curry 36. Es scheint, als käme es nicht drauf an, ob eine Currywurst an einer Imbißbude „gut“ oder „schlecht“ ist, es kommt wohl eher drauf an, ob die Wurst mehrheitsfähig ist.
Ganz offensichtlich ist die Currywurst der „Curry 36“ mehrheitsfähig, bei der Menge, die hier tagtäglich über den Tresen gereicht wird, geht die Wurst der „Curry 36“ als echte Volkspartei-Wurst mit absoluter Mehrheit über die Ziellinie.
Auch das restliche Angebot lässt den Gastrometer in Mittelposition verharren: Buletten, Wiener, Bockwürste usw., das schmeckt alles nach solider Großhandelsware, nicht schlecht, aber auch nicht zum „Hosianna!“ schreien. Das ist ‘n Imbiss hier. Wenn du wie bei Muttern essen willst, geh zu Muttern, Alter!
Trotzdem brummt der Laden wie eine überforderte Endstufe bei einem Motörhead-Konzert. Woran liegt‘s? It‘s die Atmosphäre, stupid! Insbesondere in warmen Nächten ist hier Party angesagt: die Trinker aus dem benachbarten Bierexpress holen sich ihre Grundlage, Menschen aus aller Herren Ländern lassen sich‘s auf die preiswerte Art gut gehen und verwandeln das Trottoir des Mehringdamms in eine multikulturelle Begegnungsstätte der fettigen Art, und wegen der Preiswürdigkeit haben auch viele Jugendliche mit schmalem Geldbeutel diesen Imbiss zum Treffpunkt auserkoren.
Wer jedoch dem Berlin-Besuch mal eine „typische Berliner Currywurst-Bude“ zeigen will, sollte vielleicht eine andere Location aussuchen. Denn gerade am Abend, wenn die Leute in Dreierreihen anstehen, bestätigt die Curry 36 meine eingangs geäußerte These vom industrialisierten Nahrungsmittel. Hier werden von einem eingespielten Team im Sekundentakt die Würste rausgehauen, die Logistik, die hinter diesem Betrieb steht, wie hochspezialisierte Pommfriteure und Wurstzuschneider der jeweiligen Salesperson zuarbeiten, das ist durchaus beeindruckend, aber mit der berüchtigten „Ickedettekiekemal, jetznerichtijeBalinaCurrywurst“-Romantik hat dieser Laden endgültig nix mehr zu tun. 3 fürs Essen, 4 für Kult, zusammen 4.

Curry 36
Mehringdamm 36
10961 Berlin

www.curry36.de

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