The Kennedys, Berlin

I dreamed I was the president of these United States
I dreamed I replaced ignorance, stupidity and hate
I dreamed the perfect union and a perfect law, undenied
And most of all I dreamed I forgot the day John Kennedy died

Lou Reed, „The Day John Kennedy died“

Man kann tatsächlich nicht vergessen, wie das war, als man von John F. Kennedys Tod erfahren hat.
Ich war gerade sieben Jahre alt geworden und kam an den Frühstückstisch. Und da saß meine Mutter, rührte in ihrer Kaffeetasse und sah mich lange an. Komisch, irgendwie. So hatte sie mich noch nie angesehen.
Schließlich seufzte sie und sagte: „Christopher, du erinnerst dich doch noch an Präsident Kennedy?“
Natürlich erinnerte ich mich noch an Präsident Kennedy. „John F.“ hieß er mit Vornamen, das atte ich mir gemerkt, so einen Vornamen kannte man in Eschwege nicht. Hier hießen die Menschen Helmut, oder Günter, aber nicht „John F.“ Und dass dieser John F. jemand ganz besonders war hatte ich vor ein paar Monaten gemerkt, als das strikte Fernsehverbot gelockert worden war, als dieser Mann Berlin besucht hatte.
In Berlin war vor zwei Jahren etwas Schlimmes passiert, so ganz hatte ich das nicht verstanden. Wie konnten Menschen auf die Idee kommen, eine Mauer mitten durch eine Stadt zu bauen? Aber ich kannte ja die Zonengrenze, die war nur ein paar Kilometer von meiner Heimatstadt entfernt, und die verhinderte, dass die Menschen ihre Freunde und Verwandten besuchen konnte. Das war eine seltsame Welt, damals. Die konnte einem richtig Angst machen.
Aber dann war dieser amerikanische Präsident nach Berlin gekommen, und ich durfte mich am hellichten Tag mit den anderen vor den Ferrnseher setzen und zuschauen, wie dieser John F. Kennedy im offenen Wagen durch Berlin gefahren wurde. Wie er den Menschen zuwinkte und sie die ganze Zeit anlächelte. Wie er dann eine Rede hielt und plötzlich deutsch sprach und mit einem sehr ulkigen Akzent sagte, dass er ein Berliner sei. Die Leute haben wie irre gejubelt, als er das gesagt hat.
Obwohl das natürlich geschwindelt war. Er war ja kein Berliner, er war aus Amerika. Aber ich hatte schon verstanden, warum er das gesagt hat. Weil er den Menschen Mut machen wollte. Weil er ihnen zeigen wollte, dass so eine Mauer durch die Stadt ganz schön unheimlich war, aber dass man sich nicht damit abfinden musste. Dass man solche Sache nicht einfach hinnehmen musste sondern dass man versuchen konnte, solche Sachen zu ändern.
Das hatte ich verstanden, und deshalb fand ich diesen Kennedy ziemlich gut.
„Natürlich erinnere ich mich an Präsident Kennedy“, antwortete ich meiner Mutter.
Die schluckte ein oder zweimal und dann sagte sie ganz leise: „Es ist etwas Furchtbares passiert. Präsident Kennedy ist ermordet worden.“
Ich weiß nicht mehr, was ich gefühlt oder gedacht habe, als meine Mutter mir das gesagt hat. Ich weiß nur noch, wie wir beide am Frühstückstisch saßen und lange nichts gesagt haben. Was sollte man auch sagen, wenn man in einer Welt lebte, in der jemand wie Präsident Kennedy ermordet werden konnte. Einfach so.
Irgendwann musste ich mich auf den Weg zur Schule machen. Meine Mutter gab mir mein Pausenbrot und umarmte mich, ich ging vor die Tür und schaute mich um. Etwas war anders. Die Welt war ein wenig dunkler geworden.
Hier, in der Ausstellung „The Kennedys“ bekommt man eine Ahnung davon, wie es damals war, als die Kennedys unsere Welt ein wenig heller gemacht haben.

The Kennedys
Pariser Platz 4 A
10117 Berlin
030 20653570

www.thekennedys.de

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