Hier sind wir schon öfters vorbeigekommen, ohne einzukehren. Immer, wenn’s in der UFA-Fabrik was zu bestaunen gibt, sind wir hier aus dem U-Bahnhof Ullsteinstraße gefallen, standen vor dem Alt-Krakau, schauten auf die Speisekarte voller rustikaler polnischer Deftigkeiten und dachten „Müsste man mal probieren…“ Aber immer war keine Zeit, gleich geht’s los in der UFA, vielleicht können wir nächstes Mal etwas früher… Und natürlich kamen wir nächstes Mal wieder kurz auf knapp, und wieder war keine Zeit fürs Alt-Krakau.
Was – wie wir gestern feststellen konnten – eine fatale Fehlleistung war. Gestern hatten wir Zeit, gestern sind wir ins Alt-Krakau gegangen, und seit gestern kennen wir eine Oase der Deftigkeit, einen Tempel des Schmorgerichts. Denn Schmorgerichte können Sie im Alt-Krakau, dass es einem Freund dieser Zubereitungsart die Tränen der Freude in die Augen treibt. Zwei dieser Gerichte hatten wir geordert, die geduldigste Gemahlin von allen die Schmorrippchen mit gebratenem Sauerkraut und ich Bigos, das polnische Nationalgericht, ein geschmorter Eintopf aus Weißkohl, Sauerkraut, verschiedenen Fleischsorten und Speck. Zur Vorspeise gönnten wir uns zwei kleine Lieblingsgerichte, die geduldigste Gemahlin einen Gurkensalat, und ich orderte eine traditionelle Kuttelsuppe, Flaki heißt sie auf polnisch.
Der Gurkensalat entpuppte sich als eine Art Tzaziki, sehr Sahnejoghurt-lastig, ziemlich üppig, aber wir hatten ja Hunger mitgebracht. Die Kuttelsuppe begeisterte: dick geliert, wie sie war, hat sie wohl lange auf dem Herd gestanden und das bekommt Kutteln wie keinem anderen Fleisch, da entwickeln sie GEschmack und sorgen für einen dicken, sanften Fond, der hier beinahe mehr Sauce als Suppe war. Kräftig gepfeffert und noch einen Tick üppiger als der Gurkensalat: hier wird für hart arbeitende Menschen gekocht, die nach des Tages Mühen auf ihre Kalorien kommen wollen.
Die Hauptgerichte begeisterten: so einen guten Bigos habe ich lange nicht gegessen, das Fleisch mürbezart, das Kraut aromatisch-braungeschmort, wunderbar krosser Speck, klasse. Und die Schmorrippchen, sie fielen vom Knochen, ertranken fast in dicker, brauner Sauce, waren aber in wenig Flüssigkeit geschmort, wovon die trockene Knusper-Kruste zeugte.
Dazu bestellt man am Besten eine der vier Sorten polnischen Biers vom Hahn, über das Weinangebot decken wir mal den Mantel des Schweigens. Wer geht denn auch zum Weintrinken in ein polnisches Restaurant? Die Bedienung war sehr zuvorkommend und schnell, das Preisniveau auf Bordsteinkantenhöhe (Hauptgerichte zwischen 5 und 7 Euro, kein Tippfehler!), und zum Abschied gab’s noch einen gekräuterten Schnaps aufs Haus. Der auch nötig war, denn deftig-mächtig waren sie, die Schmorgerichte.
In Zukunft werden wir immer ausreichend Zeit für einen Besuch im Alt-Krakau einplanen, wenn wir in die UFA-Fabrik gehen. Oder ganz einfach nur zum Essen hinfahren. Die Piroggen müssen wir noch probieren. Und diese polnische Rinderroulade, die auf der Karte steht, klingt hochinteressant…
Restaurant Alt-Krakau
Tempelhofer Damm 232
Belin Tempelhof
12099 Berlin
030 7512213
Es ist jammerschade, dass immer noch so wenige deutsche Gäste den Weg ins Alt-Krakau finden.
Das Essen ist sein Geld wert – bei den Preisen allemal.
Die Besitzer freuen sich über jeden Gast und bedienen ihn entsprechend freundlich und zuvorkommend.