Der „Süden“ (oder solle man das „Süden“ schreiben?) hätte das Zeug zu einem der besten Biergärten Berlins bzw. er wäre es jetzt schon, wenn… doch der Reihe nach.
Fangen wir mit der Atmosphäre an, die ist nämlich schlichtweg genial. Man sitzt keine fünf Minuten im „Süden“, da hat man schon vergessen, dass der Laden direkt an der S-Bahn liegt. Die kommt eh nur alle zehn oder zwanzig Minuten vorbei, ordnet sich dabei gefällig ins allgemeine Grundrauschen ein und stört nicht weiter. Man sitzt höchst angenehm, man kommt ins Plaudern, man bleibt IMMER länger als man wollte.
Was auch am kulinarischen Angebot liegt. Das ist für einen Berliner Biergarten geradezu sensationell, denn gleichzeitig sehr gutes Essen, sehr gutes Bier und sehr guten Wein anzubieten, ist eine Kunst, die nur wenige Berliner Biergartenwirte beherrschen.
Vom Faß gibt’s Pils und Weizen von Lammsbräu, perfekt temperiert und unglaublich süffig. Der Wein kommt von renommierten Weingütern aus der Pfalz, der Riesling ist MEIN Sommerwein 2014, und der geduldigsten Gemahlin von allen schmeckt der Rosé ganz ausgezeichnet. Derartige Weine (übrigens sehr fair bepreist) stünden manch gehobenerer Berliner Gastronomie sehr gut zu Gesicht.
Der Schwerpunkt für die „Grundlagen“ liegt bei Flammkuchen mit Bio-Zutaten, und die Dinger sind schlichtweg zum Niederknien. Wir hatten bisher einmal den „klassischen“ mit Speck und Zwiebeln, und einmal die süße Variante mit Äpfeln und Rosinen, sagenhaft. Kaum stehen die Dinger auf dem Tisch, sind sie auch schon weg. Ebenfalls im Angebot: Leberknödel, Saumagen und Bratwürste vom Pfälzer Bio-Fleischer, jeweils serviert mit sehr gutem Sauerkraut und handgeklöppeltem Kartoffelpü… wer, wie ich, auf derlei Pfälzer Deftigkeiten steht, wähnt sich im Paradies.
Kommen wir zum Wermutstropfen: dem Service. Der Service ist freundlich, der Service ist charmant, aber leider, leider nicht professionell (genug). Es hapert an der Organisation, wenn der Laden voll ist, was – wen wundert’s – allabendlich der Fall ist, muss man mit längeren Wartezeiten rechnen, recht nonchalant wird auch mal die ein oder andere Bestellung schlichtweg vergessen, man sitzt auch schon mal ein halbes Stündchen vor leergegessenen Tellern (oder Flammkuchenbrettern), die nicht abgeräumt werden. Und dieses Statement auf der Speisekarte ist ein kleines Armutszeugnis:
Erschwerend kommt hinzu, dass der Laden kein Telefon hat. Man kann also keinen Tisch reservieren oder.einfach mal nachfragen, ob noch Platz ist, wenn man spontan mal vorbeischauen möchte.
Diese kleinen Service-Defizite sind schade, weil der „Süden“ ansonsten von Angebot und Atmosphäre her ein absoluter Traum von einem Biergarten ist. Aber vielleicht trägt diese leichte Imperfektion ja zum unwiderstehlichen Charme des Ladens bei. Wir merken’s an uns selbst: Wir kommen ja trotzdem immer wieder. Und es ja auch ganz gut so, wie es ist. Wäre auch noch der Service perfekt, würden wir den Laden gar nicht mehr verlassen wollen.
Süden
Priesterweg 10
12157 Berlin
http://sueden-gartenwirtschaft.de/
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